ADOC / SOC Kindsbach


Die Geschichte dieser Örtlichkeit reicht lange vor die militärische Nutzung zurück. Die Familie des heutigen Eigentümers erwarb das Grundstück in Kindsbach, westlich von Kaiserslautern gelegen, in den zwanziger Jahren. Die 1919 gegründete Firma Formsandwerke Ludwigshafen am Rhein baute dort im Tagebau Formsand für Gießereizwecke ab. Der gewonnen Gießsand wurde ab 1920 mittels Seilbahn in Transportkübeln über die Ortschaft Kindsbach zum Bahnanschluss der Bahnstrecke Mannheim - Saarbrücken transportiert.


1937 wurden Teile der entstandenen Grube von der Deutschen Wehrmacht im Rahmen des Westwallausbaues beschlagnahmt. Da der Abbau des Formsandes weiter oberhalb am Berg fortgesetzt werden konnte, war die Beschlagnahme durch die Wehrmacht auch kein entscheidendes Problem für die Firma.
Auf dem beschlagnahmten Gelände wurde zwischen 1937 und 1940 eine große Bunkeranlage in den Berg gebaut um dort ursprünglich Flugabwehrmunition zu lagern. Die Baukosten für das Projekt wurden auf ca. 1,5 Mio. Reichsmark beziffert. Durch den raschen Vormarsch der Wehrmacht 1940 beim Westfeldzug über die Ardennen nach Frankreich, war diese ursprünglich geplante Nutzung jedoch nicht mehr zwingend. Nach Fertigstellung wurden die Bunkerstollen aber trotzdem zur Munitionslagerung genutzt.


Der östlich gelegene Teil der Anlage diente zum Ende des Krieges als Luftschutzbunker für die Bevölkerung. 1944 wurde die Anlage angeblich auch durch das Oberkommando West genutzt, leider gibt es laut dem heutigen Eigentümer aber keine schriftlichen Beweise dafür, da alle Unterlagen bei Räumung der Anlage zum Kriegsende, durch die Wehrmacht vernichtet wurden.
Die nach Kriegsende von französischen Truppen besetzte Anlage, sollte durch diese gesprengt werden. Von dem Vorhaben wurde aber erstmals abgesehen, da ein großer Teil der Trinkwasserversorgung von Kindsbach über einen in der Bunkeranlage befindlichen Tiefbrunnen erfolgte.
Wappen ADOC

 

Durch die Stationierung der Amerikaner im nahe gelegenen Ramstein und dem Ausbau des Flugplatzes dort zur US Airbase, wurden die US Truppen auf die Bunkeranlage in Kindsbach aufmerksam und nach Verhandlungen mit den Franzosen wurde diese 1951 von den Amerikanern übernommen. Die Sprengladungen wurden ausgebaut und die Stollen wurden erweitert und mit Heizung und Klimaanlage versehen. Im Jahr 1954 ging die Anlage als untertägige Überwachung und Steuerzentrale für die Airbase Ramstein durch die US Airforce in Betrieb. Die Renovierungs- und Erweiterungskosten beliefen sich damals auf ca. 1,2 Mio DM.
Da die Bunkeranlage durch die ständig größer werdende Bedrohung des Kalten Krieges schnell ihre Kapazitätsgrenzen erreichte, wurde sie zum Beginn der 60ziger weiter ausgebaut. Aus Kostengründen wurde eine anfänglich geplante Erweiterung in den Berg hinein verworfen und dafür ein bombensicherer Vorbau errichtet, welcher anschließend mit Erde überdeckt wurde. Trotz dieser kostengünstigeren Variante, betrugen die Erweiterungskosten rund 3,8 Mio. DM!


Bis Ende 1963 wurde nach und nach weiteres Gelände um die Bunkeranlage beschlagnahmt, umzäunt und als Sperrgebiet deklariert. Erst 1965 gelang es dem ursprünglichen Besitzer, der Familie Würmell, nach langen Verhandlungen mit dem Bundesfinanzministerium einen Erbpachtvertrag für das Areal abzuschließen.
Alte OP`s Zentrale

 

Durch die integrierte Luftraumüberwachung und Luftverteidigung der NATO war die Bunkeranlage Ende der 60ziger zu einem wichtigen Eckpfeiler als  Luftverteidigungsanlage geworden. Anfänglich als COC [Combat Operations Center] und später ADOC [Air Defense Operations Center] der 4. ATAF [Allied Tactical Air Force] wurde die Anlage von rund 200 Soldaten in der integrierten Luftraumüberwachung für Europa betrieben. Während dieser Zeit wurde sie auch als das deutsche “NORAD“ bezeichnet. Zeitweise beherbergte die Bunkeranlage auch das SOC 3 [Sector opertation Center]    und taucht dadurch auch oft als SOC 3 Kindsbach im Internet oder anderen Medien auf. Aufgabe war aber immer die Auswertung übertragener Luftlagedaten aus der integrierten Luftraumüberwachung, bzw. Luftverteidigung. Diese Daten lieferten die angeschlossenen CRC´s [Control and reporting Center] die über entsprechende Radaranlagen verfügten und diese über Datenverbund

an die übergeordneten SOC´s oder ADOC lieferten.


Hierzu ein kleiner Schwenk in die integrierte Luftraumüberwachung/Verteidigung der BRD:


Sie gliederte sich grundsätzlich in 2. ATAF und 4. ATAF. Das ADOC der 2 ATAF im Norden befand sich in Maastricht. Diesem gehörten wiederum 2 SOC´s an,  SOC 1 in Brockzetel und SOC 2 in Uedem mit jeweils unterschiedlicher Anzahl an CRC´s.


Die 4. ATAF, zuständig für den süddeutschen Raum hatte ihr ADOC in Kindsbach, was zugleich auch SOC 3 war. Die 4. ATAF hatte lange kein zweites Sector opertation Center, da das SOC 4 in Drachenbronn/Lothringen nach dem Rückzug der französischen Streitkräfte aus der NATO wegfiel.
Kindsbach unterstanden das CRC Börfink, CRC Lauda, CRC Messstetten und CRC Freising. Durch die geographische Lage in Süddeutschland gab es zu den CRC´s noch 3 zusätzliche Radarstellungen auf dem Döbraberg, der Wasserkuppe und auf dem Großen Arber.

 

Anfang der 90ziger bekam auch die 4. ATAF wieder ein zweites SOC, welches zusammen mit dem CRC in Messstetten in der Bunkeranlage Martin untergebracht war. Durch diesen Datenverbund hatte der jeweilige Führungsstab der 2. und 4. ATAF immer einen Überblick des deutschen Luftraumes und durch die Großradaranlagen auch darüber hinaus. Bei Luftraumverletzungen konnten somit immer sofortige Maßnahmen eingeleitet werden, wie das Starten von Abfangjägern oder alarmieren einer in Bereitschaft befindlichen HAWK Raketenbatterie im jeweiligen Bereich.

 

Auf den Seiten der BW-Luftwaffe findet man auch einen kleinen Überblick über die Luftraumüberwachung und -verteidigung im Kalten Krieg
Restricted Area

 

In der Anfangszeit der Anlage in Kindsbach wurde die Auswertung und Darstellung der übermittelten Daten noch manuell durchgeführt, in etwa ähnlich wie während des Zweiten Weltkriegs. Damals modernste Geräte, die heute zu Tage nur noch in Musen vorzufinden sind, erledigten mehr und mehr der Auswertung auf technischer Basis. Achtzig Fernschreiber mit Lochstreifenleser und Lochstreifenstanzer stellen die Kommunikation mit den angeschlossenen Bereichen sicher. Des Weiteren erfolgte die Telekommunikation über eine handvermittelte Telefonanlage vom Typ RP-40 sowie riesige KWT-6 Kurzwellen-Funkgeräte.
RelaisschränkeSehr früh wurde ein Computer, damals noch ein Röhrengerät installieret, welches verschiedenste Berechnungen erledigte, auch eine Empfangsanlage für Wettersatelliten-Daten wurde bereits realisiert! Zusätzlich zum Standard Fernschreibsaal hatte die Anlage einen bis COSMIC TOP SECRET eingestuften Fernschreibsaal, mit eigenem Cryptobereich der nur über weitere eigene Zutrittskontrollen zu betreten war. Im Außenbereich der Bunkeranlage befand sich noch eine Diesel betriebene Anlage zum Verbrennung geheimer Dokumente.


Nach dem auch die Erweiterungen der Anlage in Kindsbach platztechnisch nicht mehr ausreichten, wurde in den achtziger Jahren vereinzelte Aufgabenbereiche in eine neu entstandene und wesentlich größere Bunkeranlage in Ruppertsweiler verlagert.
Gegen Ende der Achziger wurde die Anlage nur noch durch eine Kernmannschaft betrieben. Der Kindsbacher Bunker war nur noch bei großen NATO Manövern wie z.B. den REFORGER-Übungen voll besetzt. Nach dem Fall der Mauer und Beendigung des kalten Krieges, kam es zur Kündigung des Erbpachtvertrages  und die gesamte Anlage ging im Oktober 1993 an die ursprüngliche Eigentümerfamilie zurück.

 

Heute ist die Anlage im Grunde dem natürlichen Verfall preisgegeben und kann in den Wintermonaten, wegen der schlechten Bewetterung im Sommer, nach Absprache mit dem Eigentümer besichtigt werden.

 

ADOC

Bildergalerie

 


 

 

Videozusammenschnitt

 

Text & Bilder by "Bunkerbär"

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